Große Mehrheit stimmt in Bundestag für Ehe für gleichgeschlechtliche Paare
In einer historischen Abstimmung im deutschen Bundestag hat sich die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten für die Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare ausgesprochen. Nach den Worten von Parlamentspräsident Norbert Lammert stimmten 393 der Abgeordneten für die Gesetzesvorlage, die homosexuellen Paaren nun die völlige Gleichstellung ermöglicht. Insgesamt 226 Abgeordnete stimmten dagegen, vier enthielten sich. Alle Gegenstimmen zum Gesetzesentwurf stammten aus der CDU und CSU. Vor der Abstimmung hatte Norbert Lammert um „wechselseitigen Respekt, den beide Positionen zweifellos verdienen“ gebeten.
Die Zustimmung bei der CDU und CSU war überraschend hoch. Vor der Abstimmung wurde von etwa 20 Befürwortern ausgegangen, tatsächlich votierte am Ende jeder Vierte, also insgesamt 75 Unionsabgeordnete, für die völlige Gleichstellung. Zu den Befürwortern zählten aus den Reihen der CDU unter anderem Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, Kanzleramtsminister Peter Altmaier, Kulturstaatsministerin Monika Grütters sowie CDU-Generalsekretär Peter Tauber. Bei der CSU votierte unter anderem der Wirtschaftspolitiker Hans Michelbach für die Ehe für homosexuelle Paare.
Gegen den Gesetzesentwurf stimmte unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie hatte zuvor den Fraktionszwang innerhalb der Partei für die Abstimmung aufgehoben und sie zu einer „Gewissensentscheidung“ erklärt. Im Anschluss an die Abstimmung erläuterte Merkel ihre Position: „Für mich ist die Ehe im Grundgesetz die Ehe von Mann und Frau.“ Für sie sei der besondere Schutz der Ehe durch Artikel 6 des Grundgesetzes beschrieben. Weiter erklärte Merkel: „Es war eine lange, intensive, für viele auch emotional sehr berührende Diskussion – das gilt auch für mich ganz persönlich.“ Ihre Position zur Volladoption von Kindern habe sie mit der Zeit geändert, so sollte diese auch für homosexuelle Paare möglich sein. „Dies steht nach meiner Überzeugung nicht im Widerspruch zum Kindeswohl“, erklärte die Kanzlerin.
Grünen-Politiker Volker Beck feierte die Entscheidung als Erfolg für die Demokratie. „Das ist wirklich ein toller Sieg, weil es ein stückweit gesellschaftlicher Frieden bedeutet.“ Außerdem forderte Beck die noch stärkere Bekämpfung der Diskriminierung von Schwulen und Lesben.
Insgesamt verlief die halbstündige Debatte vor der Abstimmung ruhig und sachlich. Eine Ausnahme bildete der SPD-Abgeordnete Johannes Kahrs, der in seiner Rede die Bundeskanzlerin sowie die CDU scharf angriff. Die CDU und deren Vorsitzende hätte die Diskriminierung von Lesben und Schwulen unterstützt und nichts dafür getan, dass es zu einer Gleichstellung kommt. „Frau Merkel: es war erbärmlich, es war peinlich“, erklärte Johannes Kahrs und fügte „Vielen Dank für nichts“ hinzu.
Die Linke und die Grünen unterstützen schon lange die Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare. Als Angela Merkel Anfang der Woche die Debatte um dieses Thema anstieß, forderte die SPD eine umgehende Abstimmung dazu ein.
Der Bundesrat wird sich voraussichtlich am 7. Juli mit dem Gesetz befassen. Allerdings ist es nicht zustimmungspflichtig.
Deutschland wäre das 14. europäische Land, in dem gleichgeschlechtliche Paare die Ehe eingehen können. Vorreiter waren die Niederlande im Jahr 2001. Weltweit ist die Ehe für homosexuelle Paare in etwa 20 Ländern möglich, darunter in den USA und Mexiko.
Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, AFP, AP, KNA, kg