Ist Facebook bald die größte Bank der Welt?
Die Ankündigung von Mark Zuckerberg, seine Libra als neue Kryptowährung einzuführen, sorgt in der Finanzwelt derzeit erkennbar für Unruhe, aber nicht nur dort. Auch die Politiker sind sich noch nicht darüber im Klaren, wie sie auf Libra reagieren sollen. Die Skepsis ist aber nicht nur in Deutschland und Brüssel groß, auch Donald Trump will die ganze Sache noch einmal prüfen. Doch virtuelle Bezahlungen sind ja keine aktuelle Erfindung. In Skandinavien wird schon seit Jahren immer weniger mit Bargeld bezahlt. Das gilt aber auch für China, auch wenn der Einsatz herkömmlicher Banknoten rein statistisch bei der Begleichung von Rechnungen das Handy noch übersteigt. Müssen wir uns aber dennoch daran gewöhnen, zukünftig Zahlungsmittel, die auf der Blockchain-Technologie basieren, in unserem Alltag einzusetzen? Insbesondere junge Menschen haben damit wohl kein Problem, nur gibt es nicht doch irgendwo irgendwelche Gefahren?
Mag sein, doch die Supervorsichtigen gab es schon immer. Denn anders als bei Staaten wird niemand bei Facebook qua Geburt Mitglied. Diese Mitgliedschaft ist freiwillig und sehr oft auch ganz bewusst. Deutlich über die Hälfte der Menschheit hat auf so eine Mitgliedschaft jedoch keine Lust und ist deshalb auch nicht Mitglied bei Facebook. Doch mit der Libra könnte sich das ändern. Denn mit dieser Kryptowährung können Nutzer auf der ganzen Welt ganz einfach zu Hause oder an der Supermarktkasse bezahlen – ohne Bargeld, ohne Bankkonten und ohne Kreditkarten. Alles, was sie nur machen müssen, ist den gewünschten Betrag ihrer Landeswährung in Libra eintauschen – und schon kann es losgehen. Hört sich doch gut an. Das Potenzial schein insbesondere in Entwicklungsländern mit schlechter Infrastruktur und schwachen Währungen groß zu sein. Welchen Erfolg diese neue Art der Bezahlung schon hat, zeigt uns jedoch schon jetzt die Anwendung in China. Über eine Milliarde monatlich aktiver Kunden hat allein Alipay, ein von dem Alibaba – Gründer Jack Ma entwickeltes Bezahlsystem, aber auch die von dem Tencent- Konzern angebotene WeChat-App ist aus dem Leben der Chinesen nicht mehr wegzudenken.
Da konnte es ja nicht sein, dass auf der anderen Seite des Pazifiks nichts geschieht. Nur was sich Facebook und Co ausgedacht haben, darüber wurde zunächst in den Hinterzimmern diskutiert. Jetzt aber ist klar, auch die Amerikaner wollen in diesem Markt mitspielen. Nur, dass Libra jetzt nach der Vorstellung die Währungshüter aufgeschreckt hat. Da nützt es auch wenig, wenn die Welt erfährt, dass diese Kryptowährung mit Reservefonds aus verschiedenen Währungen wie Euro und Dollar verknüpft wird. Allein der Gedanke, dass eventuell 2,7 Milliarden Facebook, Instagram oder WhatsApp-Nutzer dieses Bezahlungssystem nutzen könnten, stößt völlig neue Dimensionen an. So erklären sich auch die Rufe nach einer Zerschlagung. Nur wie kann das geschehen, wenn schon jetzt an dem überwiegend amerikanischen Konsortium so große Unternehmen wie Mastercard, Visa, PayPal aber auch Uber, Ebay und Spotify, um nur einige zu nennen, über die neuen Libra Association in Genf beteiligt sind. In den Medien wird dieses Thema aktuell auf jeden Fall sehr intensiv besprochen und vielleicht findet es auch Einfluss bei anstehenden strategischen Geschäftsentwicklungen bzw. Veranstaltungsplanungen. Die Rednerin Sheryl Sandberg, COO von Facebook, könnte sicherlich viel zur Aufklärung beitragen, wenn sie denn Zeit hat und mal wieder nach Europa kommt.