Staat darf mit neuem Überwachungsgesetz Whatsapp-Nachrichten hacken
Der Bundestag hat eine Gesetzesänderung für das Mitlesen von eigentlich verschlüsselten Daten des Messengerdienstes Whatsapp durchgeschleust. Während der Staat zuvor bloß SMS von Verdächtigen mitlesen durfte, ist dies künftig auch bei Nachrichten mit Messenger-Diensten möglich.
Da es zunehmend populärer würde, Nachrichten über Dienste wie Whatsapp oder Telegramm zu verschicken, fordert die Bundesregierung, dass Ermittler auch für diese Mitteilungen Einsicht bekommen.
Eigentlich sind Messenger-Dienste durch eine Verschlüsselung geschützt. Damit Ermittler dennoch auf deren Inhalte zugreifen können, muss heimlich ein Softwareprogramm auf das Handy des Verdächtigen geladen werden. Dies wird im Fachjargon als „Quellen-Telekommunikationsüberwachung“ oder „Quellen-TKÜ“ bezeichnet. Mit dieser Software bekommen die Ermittler vor dem Versenden und Verschlüsseln der Nachricht eine Kopie. Genau diese Prozedur wird von Kritikern stark kritisiert. Sie wirft der Regierung vor, dass der Staat damit zum Hacker werde.
Auf den Smartphones sind mittlerweile intelligente Schutzmechanismen aktiv, die das Eindringen von Unbefugten verhindern sollen. Um diese Schutzmechanismen zu umgehen, müssen die Ermittler tief in das System eingreifen. Der Chaos Computer Club ist der Ansicht, dass damit die Voraussetzungen, die für diese Art der Kommunikationsüberwachung gelten, überschritten werden.
Auch die Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Andrea Voßhof, zeigte sich vom Verhalten der Bundesregierung verärgert. Über heikle Fragen des Datenschutzes hätte die Regierung mit Voßhof sprechen können, doch das Bundesjustizministerium habe sie nicht einmal über die geplante Änderung informiert. „Angesichts der erheblichen datenschutzrechtlichen und verfassungsschutzrechtlichen Bedeutung des Vorhabens ist dies nicht nachvollziehbar“, erklärte Voßhof.
Zudem gibt sie zu bedenken, dass die Gesetzesänderung nicht nur das Abhören und Mitlesen von aktuellen E-Mails, Messenger-Nachrichten oder Internet-Telefonaten während des Sendevorgangs ermögliche. Künftig könnten die Ermittler auch „rückwirkend gespeicherte Mails und SMS, archivierte WhatsApp-Nachrichten und Anruflisten des Mobiltelefons auslesen. Selbst in der Cloud gespeicherte Daten wären betroffen“, erklärt Voßhof in einer Stellungnahme.
IT-Experten und Datenschützer kritisieren, dass die Ermittler damit keine einfache Quellen-TKÜ mehr durchführen würden, sondern vielmehr eine Online-Durchsuchung, bei der sie das infiltrierte Gerät komplett durchsuchen dürfen. Es ist daher davon auszugehen, dass Kritiker vor das Bundesverfassungsgericht ziehen werden, da es sich bei diesem Vorgehen um einen besonders schweren Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen handelt.
Doch es gibt auch deutlichen Zuspruch für die Gesetzesänderung. In einer Stellungnahme von Oberstaatsanwalt Alfred Huber heißt es, dass gerade im Bereich der Organisierten Kriminalität sowie der schweren Betäubungsmittelkriminalität eine nachhaltige und effektive Verbrechensbekämpfung ohne die Telekommunikation nicht vorstellbar sei. Die herkömmliche Telekommunikationsüberwachung reiche nicht mehr aus, da immer mehr Messenger-Dienste eine verschlüsselte Kommunikation anböten, weshalb den Ermittlungsbehörden der Zugang zu der verschlüsselten Kommunikation möglich gemacht werden müsse.
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Quelle: Tagesschau.de/Michael Stempfle